Mitarbeiterin Isabell im Interview - Alltag einer Veganerin
Was hat dich motiviert vegan zu leben und war diese Entscheidung mit einschneidenden Einschränkungen verbunden?
Ich habe immer wenig Fleisch gegessen. Bevor ich vegan geworden bin habe ich auch viele Jahre vegetarisch gelebt. 2020 habe ich dann am Veganuary teilgenommen und gemerkt, dass eine vegane Ernährung keine große Umstellung für mich bedeutete. Seitdem ernähre ich mich vegan.
Tatsächlich habe ich bis jetzt keinen guten veganen Käse gefunden. Das ist vor allem schwer, weil ich ein großer Fan der italienischen Küche bin. Jedoch gibt es in Berlin so viele leckere vegane Produkte für die schnelle Küche, Snacks oder Restaurants. Auch wenn ich keine Lust auf kochen habe finde ich immer ein leckeres schnelles Gericht oder Snack, der über den Horizont einer trockenen Brezel hinaus geht.
Nach dem Veganuary hatte die Motivation zugegebenermaßen kurz nachgelassen und ich habe mir hier und da mal eine Ausnahme genehmigt. Motiviert hat mich jedoch wieder zu lesen, welch großen positiven Effekt eine vegane Ernährung für das Klima und unsere Umwelt hat.
Bei vielen Familien gibt es zu den Weihnachtsfeiertagen meist traditionelle deftig-deutsche Küche. Wie geht deine Familie dabei mit der veganen Ernährung um?
Kartoffelsalat kann man einfach „veganisieren“, was wir zu Weihnachten inzwischen auch immer machen. Im engeren Familienkreis hat keiner Probleme, Bedenken oder Ängste vor Einschränkungen wegen meiner veganen Ernährung. An Weihnachten essen wir immer alle zusammen. Wenn der Hauptgang ein klassischer Fleischbraten ist gibt es für mich einfach vegane Soße und `nen Kloß (oder fünf). Irgendwelche Extras braucht‘s da für mich gar nicht.
Meine Familie und mein Partner sind verständnisvoll für meine vegane Ernährung sowohl zu Weihnachten als auch im Alltag, meistens sogar eher neugierig, wie ich Gerichte „veganisiere“ und welche Alternativen es für tierische Produkte gibt. Beispielsweise wird Speck jetzt generell bei uns mit Räuchertofu subsituiert, inzwischen auch ohne, dass ich beim Essen dabei bin. Auch wenn mein Partner sich nicht vegan ernährt, kochen wir viel zusammen. Zuhause ist meine vegane Ernährung also auch nicht mit einem extra Aufwand oder ungewollten Einschränkungen für meinen Partner verbunden. Und wenn er mal Käse oder ein Stück Wurst essen will steht es ihm natürlich frei.
Anfangs kamen aus dem erweiterten Familienkreis noch Vorurteile wie „vegane Ernährung führt doch zu Eisenmangel“ oder „nur tierisches Protein führt zu keinem Nährstoffmangel“. Jedoch ernähre ich mich durch die vegane Ernährung viel bewusster und ausgewogener. Ich glaube auch fest daran, dass eine 20er Packung Chicken Nuggets, nicht die Spitze der Nährstoffpyramide ist.
Lieblingsgericht in vegan
Ich habe kein Gericht, das ich nicht mit der Zeit veganisiert habe. Meine Lieblingsgerichte sind heute wie früher die gleichen: Spagetti Bolognese, Chilli sin Cane, Kartoffelsalat, Tsatsiki und viele mehr. Mein comfort food aus der Kindheit halt. Ein einfacher grüner Salat ohne Toppings oder leckeres Dressing kommt mir nicht auf den Tisch!
Tipps und Tricks, die du als Veganerin mit der Zeit gelernt hast um die Umstellung zu einer veganen Ernährung zu erleichtern
Das ist ganz unkompliziert: Lieblingsgerichte „veganisieren“. Zur Umstellung habe ich angefangen meine Lieblingsgerichte mit Fleischalternativen zuzubereiten. Dann habe ich geschaut, wo ich was verbessern kann und so meinen eigenen veganen Koch-Stil entwickelt. Gerade wenn du mit Comfort-Food oder Kindheitsgerichten anfängst, fällt es leicht eine vegane Ernährung mit schönen Erinnerungen zu verbinden. Ich bin sehr dankbar für die mittlerweile unendlich vielen tollen veganen Food-Blogs, die auch heute noch meinen Koch-Horizont stetig erweitern. Das kann ich gerade für den Anfang auch jedem empfehlen, sich mit Anleitung durch die Gerichte aus Oma’s Kochbuch zu kämpfen. Dass ich in Berlin wohne, wo es an jeder Ecke unglaublich gute vegane Restaurants gibt, ist natürlich ein riesengroßer Vorteil, dem ich mir absolut bewusst bin.
Wichtig ist, den Druck für einen selbst rauszunehmen. Besonders am Anfang. Wenn man mal einen schlechten Tag hat, es einfach nicht schafft zu kochen oder Sehnsucht nach einem bestimmten Gericht hat ist das kein Drama. Sich vegan zu ernähren soll Spaß machen, keinen Druck erzeugen.
Wie streng bist du mit deinem „Vegan-sein“?
Das Wort streng finde ich zu hart, weil die vegane Ernährung in meinem normalen Alltag einfach völlig selbstverständlich ist und ich mich nicht explizit anstrengen muss um irgendwas „durchzuhalten“ oder mich irgendwie anzustrengen um an ein gewisses Ziel zu kommen. Oft werde ich gefragt „Darfst du das essen?“ – ich darf alles. Ich entscheide mich, es nicht zu tun und daher braucht es auch keine Strenge.
Das ist auch ein guter Übergang, warum ich mich nicht an eine vegane Ernährung halte, wenn ich in anderen Ländern und Kulturen unterwegs bin, in denen es keine Alternativen gibt. Habe ich die freie Entscheidung, entscheide ich mich IMMER für die vegane Alternative. Habe ich diese aber nicht, würde ich niemals Essen oder ähnliches von anderen Menschen ablehnen. Veganismus, so großartig wie er ist, ist eins der größten Luxusgüter, welches man sich vorstellen kann. Ganz Bewusst auf eine Reihe von Lebensmitteln zu verzichten, diese Entscheidung können sich andere Menschen gar nicht erlauben. Und ich fände es extrem respektlos, bei einer Einladung zum Essen, dieses abzulehnen und mich so kulturell auf eine andere Ebene zu stellen. Und vegetarische Alternativen hat nun wirklich jede Küche.